In der Rheinischen Post wird zurzeit die Zukunft des Düsseldorfer Platt diskutiert. Beide Artikel stammen von Hans Onkelbach.
Düsseldorf, RP vom 26. 06.2007
(RP) Anders als in Köln, München oder Stuttgart wird die Düsseldorfer Mundart - wenn überhaupt - nur noch von älteren Menschen gesprochen. Bald wird sie ganz verschwunden sein, fürchtet man.
Hat das Düsseldorfer Platt eine Zukunft? Heinz Jürgens (70), Fachmann in Sachen hiesiger Mundart, überlegt keine Sekunde, bevor er antwortet: „Die Zukunft liegt bei Null“, sagt er. Jürgens ist einer von denen, die im Verein der Mundartfreunde für den Erhalt des Platts kämpfen. Aber: „Die Sprache wird nicht mehr benutzt. Zwar kann die ältere Generation sie noch sprechen, und die mittlere versteht sie noch. Aber bei den Kindern ist es vorbei. Sie sprechen sie nicht mehr, und sie verstehen sie auch nicht.“
Jürgens weiß auch, wieso das so ist: Kinder lernen heute einen großen Teil der Sprache aus dem Fernsehen, und da gibt es nur Hochdeutsch. Auch Mundarfreunde-Baas Mario Tranti glaubt nicht an die Zukunft der Mundart und vermutet, dass bald von den Eigenarten der Dialekte aus dem Raum Düsseldorf nur noch die typische Färbung der Stimme bleiben wird.
Fast schon neidisch schaut man nach Köln. Dort hat man bereits vor mehr als 40 Jahren erkannt, dass das Kölsch bedroht ist. Also wurde eine „Kölsch-Akademie“ gegründet, großzügig unterstützt von der Stadt Köln und der dortigen Wirtschaft. Inzwischen erfreut sich Kölsch wieder großer Beliebtheit. In Düsseldorf versuchte man ähnliches mit der Müller-Schlösser-Akademie, an deren Gründung der damalige Baas der Mundartfreunde, Engelbert Oxenfort, maßgeblich beteiligt war. Noch heute bietet sie am Burgplatz Kurse auf Platt an, aber meist kommen nur ältere Leute, die ihre Kenntnisse ein bisschen auffrischen wollen.
Düsseldorf, RP vom 27.06.2007
(RP) Zukunft hat es nicht, das Düsseldorfer Platt. Sagen jedenfalls die Experten. Aber dennoch begegnet uns die Sprache häufig. Allerdings meistens im Zusammenhang mit Kneipen.
Mag sein, dass Düsseldorfer Platt keine Zukunft hat, wie gestern Mundartexperten hier in der RP bedauernd feststellten. Aber die Sprache begegnet einem allerorten in der Stadt, allerdings fast immer im Zusammenhang mit Kneipen oder Karnevalsgesellschaften.
Es gibt jedoch eine berühmte Ausnahme: Jan Wellem und der nach ihm benannte Platz zwischen Königsallee und Schadowstraße. Der Begriff Jan-Wellem-Platz hat sich so eingebürgert, dass den meisten gar nicht bewusst sein dürfte, dass Jan Wellem die plattdeutsche Version des Fürstennamen Johann Wilhelm ist. Das Volk nannte ihn seinerzeit eben in der ihm gewohnten Sprache, dem Düsseldorfer Platt - und das hat sich festgesetzt.
Ansonsten nutzen Kneipen gerne die Mundart. Ohme Jupp, En de Hött, En de Canon, Hengedörch (gab’s früher mal auf der Bolkerstraße), Uerige, Dietze Mam, Dietze Döres - und so weiter. Namen und Begriffe, deren wirkliche Bedeutung nicht alle kennen. Ohme ist der Onkel, die Hött ist ein entlegener Winkel, Hengedörch meinte „hintendurch“, Hinterhaus, Uerige bezeichnet einen schlecht gelaunten Menschen. Als Zeichen für Düsseldorfs Internationalität darf man den Namen El Ömmes werten: Da man spanische Tapas serviert, den mundartlichen Namen Ömmes (steht für groß, gewaltig) halten wollte, setzte man als Artikel das spanische „el“ davor.
Auch bei den Speisekarten taucht das Platt manchmal auf, Uerige und Schlüssel bieten ihre Speisen jedenfalls auch auf Platt an. Da wird die Blutwurst zum Flöns, Zwiebel ist Ölk, Erbsensuppe Äzezupp und Bratwurst heißt Brotwoosch. Einiges ist wohl auch für „Immis“ (Nicht-Düsseldorfer) auf Anhieb verständlich, anderes überhaupt nicht.
Auch im Karneval ist das Platt noch allgegenwärtig - und zwar nicht nur in Büttenreden, sondern vor allem in den Namen von Vereinen und Gesellschaften. Da gibt es beispielsweise die Knaasköpp, die Hötter Jonges oder die Elf vom Dorp. Auch Ferkesköpp (eigentlich Schweineköpfe) und Stachelditzkes (Stichlinge = kleine Fische) sind bei den Karnevalisten durchaus gängig und keinesfalls irgendwie bösartig gemeint.
Bei allem nicht zu vergessen Deutschlands größter Heimatverein, die Düsseldorfer Jonges. Die heißen ganz bewusst „Jonges“ und nicht etwas Jungen. Der Chef heißt Baas, und ihr - bei allen Treffen gesungenes - Lied besteht zumindest in Teilen aus mundartlichen Stücken.
Dazu schreibt Friedhelm Kopshoff, Baas der Offers-Kompeneï Velbert, in einem Leserbrief an die Rheinische Post:
In Düsseldorf wie im gesamten zugehörigen südniederfränkischen Dialektraum ist die Mundart in ihrem Bestand extrem stark bedroht. Da hilft kein Jammern und kein Klagen; denn wer aufgibt hat schon verloren. Zur Offensive gibt es da keine Alternative. Dabei muss man sich moderner Medien bedienen, um gerade die jüngeren Generationen anzusprechen und zu interessieren. Ein gutes Beispiel dafür ist zu finden unter: www.velberter-platt.de