Meine Schulzeit in Velbert: Schule Am Dalbecksbaum

schulzimmer

Eine Chronik der Schule von 1920 – 1958 befindet sich im Stadtarchiv. Sie wurde von der jeweiligen Schulleitung geführt. Bis in die 50er Jahre ist die Chronik in Kurrentschrift  geschrieben. Für das Thema „Min Schualtied“ ist die Zeit von 1930 bis 1945 auszugsweise gewählt. Wer in dieser Zeit eingeschult worden ist, ist heute zwischen 69 und 84 Jahre alt. Wer von der Offers-Kompeneï die Schule am Baum besucht hat, dürfte also in dieser Zeit dort gewesen sein.
Für alle anderen dürfte die Chronik ebenfalls interessant sein, denn was sich im Allgemeinen an der Schule Dalbecksbaum zutrug, wird auch für alle anderen Velberter Schulen zutreffend gewesen sein.

Im Schuljahr 1930/31 hatte die Schule wegen Schülermangels nur 7 Klassen. Die 7. und 8. Klasse waren zusammengelegt. Lehrer waren nach Schuljahren: 1. Herr de Haas, 2. Frl. Becker, 3. Herr Döring, 4. Frl. Pagel, 5. Herr Wöbber, 6. Rektor Momma, 7./8. Herr Koch.
Für den am 23.5.1930 verstorbenen Rektor Momma kam im Herbst Rektor Poll von der Hilfsschule.
Im Juni wurde für 2 Jahre ein Elternbeirat gewählt. Die Schule hatte 287 Schüler. Im Juli fand eine Verfassungsfeier statt. Zusammen mit dem Heimatfest der Velberter Schulen wurde die Befreiung der Rheinlande von der fremden Besetzung gefeiert.

Schuljahr 1931/32
Notverordnungen und Lehrerabbau bestimmten die Zeit.
Zur Entlassung kamen 18 Kinder aus dem 8., 4 aus dem 7. und 2 aus dem 6. Schuljahr.
Lehrer und Klassen:
1. Schuljahr mit 45 Kindern Herr Koch,
2.    46       Herr  de Haas,
3.   47       Frl.Becker,
4.   45       Herr Döring,
5.   45       Herr Wöbbel,
6.   41       Frl. Pagel,
7./8.  41       Rektor Poll.
      Zusammen         305

Schuljahr 1932/33
Der Bau von Genossenschaftshäusern und Neubauten in den Birther Höfen ließ die Schülerzahl steigen. In Velberter Volksschulen beträgt der Klassendurchschnitt 52 Kinder.
Bei einer 7-tägigen Klassenfahrt an den Rhein nahmen 38 % der Kinder teil.
Eine besondere Errungenschaft war die Anschaffung eines Radiogerätes mit Plattenteller.
Der Elternbeirat wurde neu gewählt.

Schuljahr 1933/34
Der Beginn des Schuljahres brachte den Sieg der nationalen Revolution, heißt es in der Schulchronik.
Das Elternbeiratsmitglied Heinrich Lappe schied aus, weil er offenbar von einer sozialdemokratischen oder kommunistischen Liste gewählt war.
Das erste Schuljahr hatte 58 Kinder.

Schuljahr 1934/35
Die gewählten Elternbeiräte werden aufgelöst und an ihrer Stelle Schulgemeinden berufen, die sich aus der Lehrerschaft, Vertretern der Elternschaft und einem Jugendwalter zusammensetzen. Diese 3 Erziehungsinstanzen sollen gemeinsam am Aufbau des Vaterlandes und der Schule uneigennützig zusammenarbeiten und die Jugend im nationalsozialistischen Sinne erziehen-
Der Lehrkörper blieb wie in den Vorjahren unverändert.

Schuljahr 1935/36
Konrektor Wöbber schied aus Altersgründen aus. Für ihn kam Pg. Sassenrath. Gottfried Koch wurde zur Schulstraße versetzt. Auf seine Stelle kam Franz Schmuser. Frl. Becker tauschte mit Frl. Hollmann von der Schule Moltkestraße.
Die Schule erhielt ein Schmalfilmgerät.

Schuljahr 1936/37
Alle Lehrpersonen stellten ihre Kraft gern in den Dienst an der ihnen anvertrauten Jugend und waren redlich bemüht, im Sinne der nationalsozialistischen Anordnungen am weiteren Aufbau des Vaterlandes mitzuarbeiten.
Wegen einer starken Grippewelle war die Schule vom 25.11. bis 7.12.1936  geschlossen.
Eine Revision durch die Bezirksregierung und den Kreisschulrat, die sich hauptsächlich mit der Klasse und der Person des Rektors Poll befasste, führte dazu, dass Poll die Genehmigungen zur Ausübung des (kirchlichen) Organisten- und Chorleiteramtes entzogen wurden. Das veranlasste Poll, seine Versetzung in den Ruhestand zu beantrage, was ihm mit Vollendung seines 60. Lebensjahres im Mai folgenden Jahres bewilligt wurde.
Eine Schulentlassungsfeier fiel auf Anordnung des NS-Ortgruppenleiters aus, weil eine gemeinsame Feier aller Schulen im Velberter Hof stattfand.

Schuljahr 1937/38
2 Lehrer wurden zur Schweinzählung herangezogen. Die 4 oberen Klassen waren zum Kartoffelkäfersuchen eingesetzt. Das 3. und 4. Schuljahr machten Ausflüge zum Wuppertaler Zoo und das 6. Schuljahr nach Schloss Burg und zur Müngstener Brücke.
Schulärztin und Fürsorgerin trafen eine Auswahl für die kostenfreie Milchspeisung.
Zu Beginn der großen Ferien und zum Schulbeginn danach fanden Führerehrungen statt.
Lehrer de Haas wurde zur Schule Moltkestraße versetzt.

Schuljahr 1938/39
Rektor Pleines wurde neuer Schulleiter. Er war vorher 9 Jahre an einer einklassigen Schule tätig. Als neuer Lehrer kam Ernst Poll von der Schule Moltkestraße.
Die Schule machte einen Ausflug zur Ausstellung „Schaffendes Volk“ in Düsseldorf, in der die Schüler einen Einblick in das große Aufbauwerk unseres Führes bekam.
Die gemeinsame Schulentlassungsfeier fand in der Jubiläumshalle statt.
Im Januar wurde mit dem Erweiterungsbau für die katholische Schule begonnen, die zuvor am Wordenbecker Weg lag.
Lehrer waren für das 7./8. Schuljahr Herr Sassenrath, 6. Frl. Hollmann,, 5. Rektor Pleines, 4. Herr Döring, 3. Frl. Pagel, 2. Herr Schnitzler, 1. Herr Ernst Poll.
Handarbeit gab Frl. Schindelein.
Die Katoffelkäfersuche blieb ergebnislos.
Am 28. März wurde der Erweiterungsbau eingeweiht.
3 Seiten der Chronik befassen sich mit Politik.

Schuljahr 1939/40
Luftschutzräume werden eingerichtet. Eine Kleiderkarte wurde eingeführt.
Im Winter trat ein Temperatursturz auf –15° ein, der riesigen Schneefall mit Schneewehen bis zu 3 m Höhe auf den Straßen mit sich brachte. Viele Kinder, besonders aus den Birther Höfen, fehlten 1-3 Tage.
Im Neubau sind Soldaten einquartiert.
Der pensionierte Lehrer Klingsiek wird reaktiviert.
Die Chronik enthält mehrere Seiten über Politik und Kriegsgeschehen.

Schuljahr 1940/41
Die Metallsammlung ergab mehrere LKW-Ladungen.
Am 18.4. hatten die Lehrer allen Haushaltungen Kohlenscheine zuzustellen, damit Kohlen im Sommer eingekellert werden und die Reichsbahn im Winter entlastet wird.
Lehrer Münz ist einstweilen vom Militär freigestellt worden.
Heilkräuter werden gesucht, getrocknet und abgeliefert.
An allen Schulen wird nur noch in Kurzstunden zu 45 Minuten unterrichtet. Diese polizeiliche Regelung ist wegen der stärkeren und vermehrten Fliegergefahr erfolgt.
Mehrere Seiten befassen sich mit Kriegsgeschehen.
Am 27.6.1940 fallen in den Morgenstunden 3 Bomben bei Hoffmann und Boes, ohne größeren Schaden anzurichten.
Wegen nächtlichen Fliegeralarms beginnt der Unterricht eine Stunde später.
Am 5.7.1940  wurde sofortiger Ferienbeginn angeordnet. Das Ferienende am 26.8.1940 wurde bis auf Weiteres hinausgeschoben. Die Lehrerinnen und Lehrer müssen sich für irgendeinen Arbeitseinsatz bereithalten. In der 1.Septemberwoche mussten sie für 32.700 Einwohner Kleiderkarten ausstellen und anschließend in den Bezugscheinstellen verteilen. Unterrichtsbeginn war am 1.9.1940.
In der 2. Septemberhälfte waren viele Kinder zur Landarbeit eingesetzt, hauptsächlich zum Kartoffellesen, aber auch zum Flachsrupfen.
Der Unterricht war teils auf den Vormittag und den Nachmittag klassenweise verteilt.
Im Kriegsjahr 1939/40 leisteten
84 Jungen 483 Tagewerke und 43 Mädchen in 113 Tagewerke bei der Kartoffelernte,
36 Jungen 112 Tagewerke bei der Rübenernte und
20 Jungen und Mädchen 20 Tagewerke beim Flachsrupfen.
1400 RM wurden gesammelt für die VDA-Sammlung, Kameradschaftsopfer, Herbergspfennig, Unterrichtsfilm und eine Spende für den Kreuzer „Admiral Graf Spee“.
Die Sparkassetten enthielten 650 RM.
Das 7. und 8. Schuljahr gingen zum Schlittschuhlaufen zum Stauteich Abtsküche.
36 Kinder gingen in die Kinderlandverschickung.

Schuljahr 1941/42
Die Altmaterialsammlung erbrachte im 1. Quartal 1941
611 kg Knochen, 874 kg Lumpen, 1290 kg Papier, 60 kg Buntmetall, 6100 kg Eisen.
Bei der Spinnstoffsammlung wurden 940 kg gesammelt.
Die Schule hat 321 Kinder.
Das Arbeitsamt übereicht Schülerkarten zur Ausfüllung.
Cebion-Tabletten werden von allen Kindern gern genommen.
Große Ferien waren vom 25.6. bis 17.7.1941, für Lehrer aber nur 3 Wochen.
Nicht verreiste Kinder mussten jeden Donnerstag Kartoffelkäfer suchen und gesammeltes Altmaterial abliefern.
6 Kinder kamen zur Hilfsschule, 6 zur höheren Schule.
Die Stadt ist Pate eines U-Bootes, für das in den Schulen gesammelt wird.
Im letzten Jahr wurden 6.574,45 RM gesammelt für Schulsparen, VDA-Sammlung, Jugendherbergspfennig, Lehrmittel, Jugendzeitschrift “Hilf mit“, Altmaterialverkauf, Kriegsgräber, Soldatenheim, Tierschutzkalender, Wunschkonzert.

Hilfe bei der Kartoffelernte mit 109 Kindern mit 461 Tagewerken,
bei der Rübenernte 26 Kinder mit 54 Tagewerken und bei sonstigen Arbeiten wie z.B. Heuernte 12 Kinder mit 45 Tagewerken.
Aus der Lehrerbücherei sind alle Werke russischer Schriftsteller und aus der Schulbücherei die Bücher des Grafen Luckner zu entfernen. Das Drama „Wilhelm Tell“ wird nicht mehr in den Schulen gelesen.
Zwecks Koksersparnis werden 2 Schulen zusammengelegt, in denen dann vormittags und nachmittags unterrichtet wird. Es war ein sehr strenger Winter mit oft über -20° Kälte.

Schuljahr 1942/43
86 Schulneulinge bilden mit 13 Sitzenbleibern 2 Klassen zu je etwa 50 Kinder.
Bauern gehen direkt in die Schulen und suchen Kinder für die Kartoffelernte.
Im letzten Jahr wurden 6814 kg Altmaterial gesammelt.
Das Paten-U-Boot ist von Feindfahrt nicht zurückgekehrt. Eine neue Patenschaft wurde übernommen, für die wieder gesammelt wird.
Schulsammeln und Ernteeinsatz erbrachten wiederum beachtliche Ergebnisse.
Am 2. November wird die Normalzeit wieder eingeführt.
Die Schule erhält den in der Berufsschule unbenutzten Flügel für Gesangsunterricht durch Lehrer Münz.
Die oberen Klassen verteilen an alle Haushaltungen Flugblätter, die zum Sparen von Kohle, Strom und Gas aufrufen.
Lehrer Münz ist wegen Einberufung des Stud.-Ass. Muth zum Dienst an der Jugendmusikschule bestimmt worden (Singklasse).
Am 30.1.1943 hörten die Schuljahre 5 – 8 im Gemeinschaftsempfang die Rede des Reichsjugendführers Axmann anlässlich des 10.Jahrestages der Machtergreifung.
Die erste Schulstunde fällt aus, wenn von 22 – 6 Uhr Alarm gewesen ist.
Am 24.2.1043 werden 15 Jungen der 5. – 8. Schuljahre wegen Spielens um Geld körperlich gezüchtigt, ebenso 7 Jungen am 5.4.1943.
Am 13.3.1943 wurde der Schulbezirk nach Flugblättern und Lebensmittelkarten abgesucht, die von britischen Flugzeugen abgeworfen worden waren.

Schuljahr 1943/44
Am 23.8.1943 sammelten Kinder der 5.- 8. Schuljahre Flugblätter ein, die von feindlichen Fliegern in der Nacht abgeworfen worden waren.
Im Oktober wurden 1 Zentner Rosskastanien und 90 kg getrocknete Heilkräuter gesammelt.
Auf dem Schulhof werden von den Lehrern und Kindern vor den Luftschutzkellern der Schule Erdwälle errichtet. Die Erde wird teils von den Kindern mit Handwagen von der Krone her herangeschafft.
22.11. 1943 – Die Heizung funktioniert nicht. Die Klassenräume sind nur 12-15° warm.
Im Februar ist jeden Tag Fliegeralarm.
Am 25.3.1943 wurden 38 Kinder aus der Schule entlassen und am nächsten Tag verpflichtet.
Im März war 80-mal Alarm.

Schuljahr 1944/45
Lehrer Münz wird im August eingezogen.
Öffentliche Anlagen werden dem Schutz und der Betreuung der Schulen übergeben, da die Stadtgärtnerei aufgelöst worden ist.
Es werden keine neuen Schulbücher mehr gedruckt.
Wegen großer Luftgefahr werden alle Schulen vom 9.10. – 31.10. 1944 vorläufig geschlossen.
Anfang November wurden die 5. –8. Schuljahre ganz stillgelegt. Alle Lehrer unter 60 Jahren wurden am Westwall zum Schanzen eingesetzt.
 Die Schule wurde mit Flak-Soldaten belegt.
Am 19.3.1945 wurden alle Volksschulen geschlossen. Die Lehrkräfte werden anderweitig eingesetzt. Die Lehrerinnen sind in der Nähstube und in der Fürsorgestelle eingesetzt, ein Lehrer im Parteibüro.
Den oberschulreifen Kindern des 4. Schuljahres werden diesbezügliche Bescheinigungen nach Hause geschickt. Die Schulentlassung fand in einer kurzen Feier im Luftschutzkeller statt.
Pioniere ziehen in die Schule ein. Sie haben die Aufgabe, alle Brücken zur Sprengung vorzubereiten.
Velbert liegt unter Artilleriebeschuss. Die Familien ziehen in die Keller ihrer Häuser.
Am 17.4.1945 ziehen amerikanische Truppen in Velbert ein.

Die Schule beginnt erst wieder am 9.8.1945.



© www.velberter-platt.de   Sonntag, 1. Oktober 2023 18:00 Redaktion

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