
von Friedhelm Kopshoff
Im neuen Haus ist auf dem obigen Bildkartenausschnitt das Haus Nr. 1. Die weiteren Häuser sind 2. Im Engel, 3. In der Krone, 4. Im Mond, 5. Am Steeg, 6.In der Sonne, 7. Im Stern und 8. Im Schwan. Im neuen Haus ist heute das Haus Friedrichstraße 97. „Soweit wie die Laternen angebracht waren - die letzte stand in der Gegend der Apotheke (spätere Engelapotheke) – ging auch früher das eigentliche Dorf“, so schreibt Eduard Schulte (1851-1929) in seinem Buch „Fieles on Hamerschlag“. Nach Schulte hörte das Dorf genau genommen hier am alten Uarsch-Haus auf und man kam aus dem Dorf auf das Land, wo rechts und links Kartoffel-, Hafer- und Kleestücke sowie Kuhweiden lagen. Das alte Uarsch-Haus war also direktes Nachbarhaus vom Im neuen Haus, stand an der heutigen Ecke Friedrich- und Sternbergstraße, trug die Hausnummer Friedrichstraße 95 und gehörte bis zum Abriss durch die Stadt der Fa. Otto Großsteinbeck.
Das als Wohn- und Geschäftshaus genutzte Fachwerkgebäude steht heute unter Denkmalschutz. Als Begründung für die Denkmaleigenschaft wird u.a. angeführt, dass es sich bei dem Gebäude um ein typisches kleinstädtisches Wohnhaus in bergischer Bautradition aus der Zeit vor 1870 handelt. Die innere Struktur des Gebäudes ist noch weitgehend im originalen Zustand erhalten. Unter einem Teil des Gebäudes befindet sich ein Gewölbekeller. Im Gebäude sind die Treppen und im ersten Obergeschoss die ursprüngliche Raumaufteilung weit-gehend erhalten, ebenso die originalen Türen mit handgeschmiedeten Beschlägen. Denkmalwert besitzt auch die Bruchsteinmauer, die das Grundstück zu der kleinen Gasse des rechten Nachbargrundstücks abgrenzt. Für die Erhaltung des Gebäudes liegen auch baugeschichtliche Gründe vor, denn dort zeigt sich in besonders anschaulicher Weise das Wohnen im bergischen Raum in frühindustrieller Zeit. Charakteristisch hier für ist die Fachwerkbauweise und die Verschieferung der Fassaden. Für die Erhaltung und Nutzung des Gebäudes liegen ebenso ortsgeschichtliche Gründe vor, denn aufgrund seiner Grundrissform und seiner Lage ist es zusammen mit dem Nachbarhaus Nr. 99 eines der wenigen erhaltenen Beispiele der kleinstädtischen Innenstadtbebauung, wie sie sich vom späten Mittelalter bis zum Industriezeitalter entwickelt hat.
Im neuen Haus wurde im Jahre 1820 von Gerhard Oeckinghaus als Wohnhaus errichtet. 1892 war der Barbier und geprüfte Heildiener Wilhelm Baak Eigentümer des Hauses mit der damaligen Nummerierung Friedrichstraße 41, der in dessen Hinterhaus (41a) auch eine Badeanstalt besaß, die er später in einen um 1900 eigens dafür errichteten Neubau an der Poststraße in die Nähe weiterer sozialer Einrichtungen wie Krankenhaus, Kaiserin-Augusta-Viktoria-Stift als Alters- und Versorgungshaus verlegte. Das alte zinnerne Hausnummernschild existiert heute noch. Danach gehörte das Haus dem Schneidermeister Bernhard Potzenhardt und nachfolgend bis gegen Ende 1958 den Erben Potzenhardt/Hasenkamp. Seit nun über 50 Jahren befindet sich das Haus im Eigentum der Familie Glittenberg.
Am 1.Oktober 1927 wurde in dem Haus die erste privat-öffentliche Fernsprechstelle eingerichtet. Die im Jahre 1934 gegründete Firma Elektro E.&B. Glittenberg eröffnete in dem Hause gleichzeitig ein Ladenlokal, das sie bis zur Geschäftsaufgabe im Jahre 1987 fortführte. Die heutige ältere Generation kann sich gewiss noch daran erinnern, dass in dem Hause einst der Tabakwarenhändler Erich Syring und der Briefmarkenhändler Arno Syring ihre Geschäftsräume hatten. Das Haus befindet sich seit über 50 Jahren im Eigentum der Familie Glittenberg. In den Geschäftsräumen hat heute der Immobilienmakler Kartheuser seine Büros.
Im neuen Haus sollte 1929 schon einmal Straßenbaumaßnahmen weichen, ist aber glücklicherweise auch bei späteren städtebaulichen Maßnahmen wie der Errichtung der Rathausarkaden und der verbreiterten Einmündung der Sternbergstraße verschont geblieben. Im Zuge dieser Maßnahmen ist allerdings das alte Uarsch-Haus (Friedrichstraße 95), das Geburtshaus von Otto Großsteinbeck sen., von der Stadt mit abgerissen worden.
Mit dem unter dieser Rubrik bereits früher einmal beschriebenen alten Haus in diesem Bereich der Friedrichstraße, nämlich der alten Engelapotheke, wird deutlich, mit wie viel Bürgersinn private Eigentümer darauf bedacht sind, ihre historischen Gebäude zu hegen und zu pflegen, um sie für das an altem baulichen Kulturgut ohnehin arme Stadtbild zu erhalten. So ist zu hoffen, dass auch die fast 200 Jahre alten, denkmalgeschützten Häuser Friedrichstraße 97 und 99 als Zeugen eines vormals dörflichen Velbert noch lange erhalten bleiben.